Exposé zum Fernsehgottesdienst aus Istanbul

 

Aufzeichnung am 15. April 2007 um 15:00 Uhr Ortszeit in der Kreuzkirche zu Istanbul)

 

Es ist an der Zeit, gemeinsam zu bekennen.   

 

Die Christenheit stellt sich dar als eine Vielzahl von größeren und kleineren, älteren und jüngeren Kirchen mit z.T. recht unterschiedlicher Theologie und Praxis.

Diese Vielfalt der kirchlichen Erscheinungsformen ist bereits in den Schriften des Neuen Testaments angelegt und hat sich in der fast 2000-jährigen Geschichte des Christentums immer weiter entwickelt und ausdifferenziert; und doch ist all dies die eine Kirche, die Jesus Christus als ihren Herrn bekennt.

 

Mitunter überlagern konfessionelle Differenzen das Bewusstsein von der Einheit des Christentums. Doch die Kirche als Leib Jesu Christi schuldet – bei all ihrer Vielfalt – der Welt ein einheitliches Zeugnis: das Zeugnis von der Zuwendung Gottes zu den Menschen, wie sie in der Geschichte des Jesus von Nazareth sichtbar wird.

Und auch für jeden einzelnen Christen ist es wichtig zu wissen: Ich bin Mitglied der Gemeinde X in Y, aber ich bin auch Teil einer viel größeren Gemeinschaft, nämlich dieser einen Kirche Jesu Christi, die Zeit und Raum überspannt. Das gilt für den syrisch-orthodoxen Christen in Istanbul genauso wie für den evangelischen Christen in Bochum.

 

Ein wichtiges Merkmal dieser großen christlichen Gemeinschaft sind die formulierten Glaubensbekenntnisse, die den Kern des gemeinsamen Glaubens in sich aufbewahren. Neben dem aus der sonntäglichen Gottesdienstpraxis bekannten sog. Apostolischen Glaubensbekenntnis ist das Glaubensbekenntnis von Nizäa (heute Iznik, 30 km südlich von Istanbul) und Konstantinopel (heute Istanbul) das wichtigste Zeugnis des gemeinsamen christlichen Glaubens. Es wurde im Jahr 381 auf dem 2. Ökumenischen Konzil in Konstantinopel als einigendes Band der Kirche formuliert und ist bis heute das ökumenische Glaubensbekenntnis der Christenheit. Es verbindet nicht nur die gesamte Christenheit in der weltweiten Ökumene, sondern es verbindet auch alle Christen über die Grenzen ihrer eigenen Konfession hinweg:

„Wir glauben an ... die eine, heilige, katholische (bedeutet hier: allgemeine) und apostolische Kirche“.

 

Konstantinopel, das heutige Istanbul, war Jahrhunderte lang der Mittelpunkt der christlichen Welt. Hier wurde Kirchengeschichte geschrieben, hier wurde um die Einheit des christlichen Glaubens gerungen.

Fast 700 Jahre nach der Formulierung des Bekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel trennten sich die Ostkirche Konstantinopels und die Westkirche Roms (1054) voneinander und belegten sich gegenseitig mit Bann und Fluch.

Die Kreuzzüge des Mittelalters machten brandschatzend auch vor dem christlichen Konstantinopel nicht halt und vertieften den Graben zwischen West- und Ostkirche.

1453 wurde die christliche Stadt Konstantinopel vom osmanischen Sultan Mehmet erobert und ist seither mehrheitlich muslimisch bewohnt.

Es dauerte 911 Jahre, bis der gegenseitige Bann von römisch-katholischer und orthodoxer Kirche im Jahre 1965 endlich aufgehoben wurde; und es dauerte bis zum Jahr 2004, dass die von Kreuzfahrern gestohlenen Gebeine der großen altkirchlichen Theologen Gregor von Nazianz und Johannes Chrysostomos vom Vatikan nach Konstantinopel / Istanbul zurück gebracht wurden.

Zuletzt haben vor einigen Monate der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel Bartholomaios I. und Papst Benedict XVI. in einer denkwürdigen Begegnung bekräftigt, dass die Kirche Jesu Christi eine Einheit bildet und die verschiedenen Konfessionen dazu aufgerufen sind, diese Einheit zu leben und sie der Welt zu bezeugen.

Sie haben dies in Istanbul getan, auf dieser einzigartigen Brücke zwischen Morgenland und Abendland, wo heute in einer Gesellschaft, die zu 99% muslimisch geprägt ist, zwar nur noch wenige Christen leben, aber die ganze Vielfalt der christlichen Konfessionen doch immer noch präsent und lebendig ist. Altorientalische, orthodoxe, katholische und evangelische Gemeinden leben hier unter oft schwierigen rechtlichen und politischen Bedingungen ihren christlichen Glauben und pflegen eine oft sehr persönlich geprägte Ökumene.

 

Wir, die Evangelische Gemeinde deutscher Sprache in der Türkei, erleben uns hier ganz bewusst als ein wichtiger Bestandteil dieser bunten Vielfalt der einen Christenheit. Dieses Bewusstsein der Zugehörigkeit zu der einen Kirche Jesu Christi und das Erleben der Ökumene in Istanbul geben unserem Glauben besondere Kraft und Weite.

Mit unserem Gottesdienst möchten wir dazu ermutigen, in dieses Bekenntnis der Einheit einzustimmen und an diesem im Bewusstsein der Einheit feiernd teilzunehmen.

 

Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott ist Ausdruck lebendigen Glaubens: Wer Zuwendung von Gott erfährt, erwidert sie mit seiner Antwort in Lob und Dank und mit dem Bekenntnis zu Gott.

In ihren Bekenntnissen bezeugt die Gemeinschaft der Glaubenden öffentlich ihren Glauben vor aller Welt. Insofern ist das Bekenntnis des Glaubens immer ein Vollzug der Ökumene, geht über die Grenzen der einzelnen Kirche weit hinaus und stellt diese ebenso wie jedes einzelne das Bekenntnis sprechende Gemeindeglied in einen größeren Zusammenhang.

 

Das Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel aus dem Jahr 381 steht im Mittelpunkt unseres Gottesdienstes in der evangelischen Kreuzkirche zu Istanbul, die im Jahre 1861 als „preußische Gesandtschaftskapelle“ fertiggestellt wurde.

 

Der dreigliedrige Aufbau des Gottesdienstes geht mit dem trinitarischen Aufbau des Bekenntnisses eine Verbindung ein: der Eingangsteil des Gottesdienstes (Eröffnung und Anrufung) wird vom 1. Glaubensartikel (Gott-Vater begegnet uns als Schöpfer), der Mittelteil (Verkündigung) vom 2. Artikel (Gott-Sohn begegnet uns als Jesus Christus), der Schlussteil (Sendung und Segen) vom 3. Artikel (Gott begegnet uns als Heiliger Geist) geprägt.

Die Ökumene in der Stadt Istanbul ist im Gottesdienst leibhaftig präsent  – römisch-katholische, griechisch-orthodoxe, armenisch-apostolische und syrisch-orthodoxe Gäste sind an der Liturgie beteiligt.

 

Im Mittelpunkt der Predigt in der Kreuzkirche steht das Bekenntnis zur bestehenden Einheit des Christentums und die Vision der wachsenden Einheit der Kirchen. Diese Vision ist nicht selbstgewählt, sondern geboren aus dem Gebetswunsch Jesu Christi: "Heilige sie in der Wahrheit ... damit sie alle eins seien" (Joh 17, 17.21.)

 

 

 

Der an diesem Tag bei uns aufgezeichneten Gottesdienst wurde am Sonntag, den 29. April, um 9:30 Uhr MEZ im ZDF ausgestrahlt.

Vgl. dazu auch:

 

http://www.fernsehgottesdienst.de/16_4251.htm

 

 

Istanbul – Konstantinopel – Hagia Sophia – ...

Jahrhunderte lang Mittelpunkt der christlichen Welt.

 

Hier wurde Kirchengeschichte geschrieben,

hier wurde um die Einheit des christlichen Glaubens gerungen,

hier wurde ein gemeinsames Bekenntnis formuliert, das bis heute alle Christen über die Grenzen ihrer eigenen Konfessionen hinweg miteinander verbindet.

 

Eine große, eine strahlende Vergangenheit!

 

Heute ist die Zahl der Christen in der Türkei nur noch sehr klein, und das hat viele Gründe.

 

In einer Gesellschaft, die zu 99% muslimisch geprägt ist,

leben die altorientalischen, orthodoxen, katholischen und evangelischen Gemeinden unter oft schwierigen rechtlichen und politischen Verhältnissen.

 

Aber:

Die bunte Vielfalt der christlichen Konfessionen ist noch immer präsent und lebendig auf dieser einzigartigen Brücke zwischen Morgenland und Abendland.

 

Und wir, die Evangelische Gemeinde deutscher Sprache in der Türkei?!

Wir erleben uns hier sehr bewusst als ein wichtiger Bestandteil dieser wunderbar reichen Vielfalt der einen Christenheit.

 

Diese Einheit in all ihrer Vielfalt wollen wir in einem ganz besonderen Gottesdienst – gemeinsam mit vielen ökumenischen Gästen –

am 15. April um 14:30 Uhr bekennen und feiern.

Und auch Sie sind herzlich dazu eingeladen.

 

Es ist Zeit für mehr Gemeinsamkeit.

 

Einleitung von Holger Nollmann, ehem. Pfarrer

 

 

 

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